Sicherheitskonferenz in München: Risikovorsorge auf Augenhöhe
„Die Politik muss von der Wirtschaft lernen.“ Ein Satz, den wir in jüngster Zeit oft gehört haben. Wie oft bei einfachen Botschaften liefert er nur die halbe Wahrheit. Zielführend und ergiebig ist es dagegen, miteinander zu lernen. Das hat sich gerade wieder bei der Münchner Sicherheitskonferenz gezeigt. Der Dialog von Führungspersönlichkeiten aus aller Welt im Bayerischen Hof, war aus meiner Sicht aufrüttelnd.
Die unmittelbare Nähe, die ich als geladener Gast der Sicherheitskonferenz erfahren durfte, beeindruckte durch Offenheit und Intensität. Der zentrale Gesprächspunkt mit großer Relevanz für Europa und den Wirtschaftsstandort Deutschland? „75 Jahre Nato - Sind wir bereit und in der Lage, uns selbst zu verteidigen?“ Wobei das „uns“ eindeutig eine gesamteuropäische Note trug.
Große Aufmerksamkeit erhielt in diesem Zusammenhang der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis. Er zeigte sich überzeugt, dass Russland unter Putin jede Gelegenheit nutzen wird, die Nato und ihre Glaubwürdigkeit zu testen. Seine Schlussfolgerung, von zahlreichen Experten bei der Münchner Konferenz geteilt: Die Bedrohung durch Putin muss in Europa und durch die Nato absolut ernst genommen werden. Verliert die Ukraine den Krieg, wird Putin nicht vor anderen europäischen Ländern haltmachen. Litauen oder Polen könnten die nächsten Ziele sein.
Die Diskussion über eine angemessene und resiliente Vorbereitung auf diese Herausforderung war intensiv. Sie gab einer Reihe (selbst)kritischer Gedanken zu Erreichtem und Versäumtem Raum. Klare Erkenntnis: Dass es uns in Deutschland immerfort so gut gehen wird wie derzeit, ist alles andere als selbstverständlich. Die Konsequenz, die sich vollständig mit unternehmerischen Strategien in umkämpften Märkten deckt: Wer seinen Frieden und seinen Wohlstand erhalten will, muss dafür selbst etwas tun – ganz im Sinne von „Möglichmachern“.
Immer wieder richtete sich daher während der Sicherheitskonferenz der Blick in die Ukraine. Deren Bevölkerung ist bereit, für ihr Land und dessen Unabhängigkeit zu sterben. Dem standen starke Zweifel an der Verteidigungsbereitschaft der Deutschen gegenüber. Die nimmt man beim Thema Wehrpflicht oder der Höhe des Verteidigungshaushalts noch auf dem komfortablen Pfad des Wegsehens wahr. Das ist kritisch, weil der Beistand des stärksten Partners im NATO-Bündnis, den USA, nicht selbstverständlich ist. Zwar geht unter den versammelten „global leaders“ niemand davon aus, dass diese Unterstützung je ganz ausbleibt – auch nicht unter einem möglichen Präsidenten Trump. Aber dass der Beistand verbunden ist mit einer verpflichtend höheren Eigenleistung Deutschlands zur Sicherung des eigenen Friedens und Wohlstands.
Dies sei nicht zuletzt eine Frage gesellschaftlicher Gerechtigkeit: Selbst Nicht-Trumpisten in den USA finden es unfair, dass ihr Land zwei Drittel des Budgets im Bündnis trägt. Geld, das an anderer Stelle fehlt, um die eigene Gesellschaft und ihre Bedürfnisse zu bedienen. Es können nicht angehen, so die einhellige Meinung in München, dass die Deutschen ihren Sozialstaat immer weiter verzieren, während Amerikas einfache Leute weit unter diesem Niveau darben, sollten sie krank oder arbeitslos werden oder ihren Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen wollen.
Fazit aus Sicht der Wirtschaft: Die Münchner Sicherheitskonferenz schärft den Blick für globale Zusammenhänge und grenzenloses Denken. Reale Politik und reales Unternehmertum bewegen sich dabei auf Augenhöhe. Nachhaltige Strategien, Vorsorge und Zukunftsinvestitionen sind für gelebte Risikovorsorge unverzichtbar, auch wenn es schmerzt.